#18 Keine Zeit
Sitzen Sie auch der Illusion der persönlichen Wirkmächtigkeit auf?
Ähm, bitte was?
Ja, der Illusion der persönlichen Wirkmächtigkeit! Das bedeutet, dass Sie glauben, Sie könnten etwas an Ihrer Situation verändern. Womöglich ganz alleine. Verrückte Idee!
Lars ist mit seinem Unternehmen bisher ganz gut durch diese Krise gekommen. Kurzarbeit ist zum Glück nicht notwendig und die Mitarbeiter kommen in ihren Homeoffices auch soweit ganz gut klar. Abgesehen von kleinen Problemchen, aber wo gibt es die nicht. Es sind ein paar Kundenaufträge weniger, ja. Aber noch nicht besorgniserregend. Was Lars aber auch verstanden hat ist, dass momentan von ihm ein paar besondere Dinge besonders gebraucht werden. Nämlich ein Plan. Ein Plan, wie es noch während oder dann nach der Krise weiter gehen soll. Lars hat sogar große Lust, sich darüber Gedanken zu machen!
Doch Lars kommt einfach nicht dazu. Und auch Lars der sitzt der Illusion der persönlichen Wirkmächtigkeit auf. Lars glaubt, er muss sich klüger organisieren. Und damit ist er nicht allein. Wir alle nehmen an, wenn jemand mit seiner Zeit nicht hinkommt, muss dieser EINZELNE Mensch sich eben klüger organisieren. Anders priorisieren, schneller sein, was weiß ich. Haben Sie bestimmt schon öfter mal gehört. „Keine Zeit heißt eigentlich, ist mir nicht wichtig genug.“ Ein bisschen ist da auch was dran, aber es fehlt noch was: es fehlen die Logiken der Organisation. Und die haben uns dabei aber schwer im Griff.
Der Mensch, der das mal sehr genau betrachtet und einen sehr klugen Aufsatz darüber geschrieben hat, heißt Niklas Luhmann. Luhmann hat sein Leben damit verbracht, Organisationslogiken zu verstehen und wurde schließlich für sein Lebenswerk ausgezeichnet.
Luhmann sagt: Zeitdruck hat, wer keinen sozialen Druck will.
Ausgangspunkt allen Übels sei der Terminkalender. Denn in dem Terminkalender landet in erster Linie, was als Termin oder Frist im Sinne von „in dieser Zeit muss das gemacht werden“ oder „bis dahin muss das fertig sein“ existiert. Und sehr viele dieser Fristen sucht man sich dummerweise irgendwie nicht selbst aus. Und schon fühlen wir uns einen ziemlich großen Anteil des Tages irgendwie fremdbestimmt. Denn die Zeit, die wir da in diesen Terminen verbringen, die gehört irgendwie gar nicht uns, sondern die gehört dieser einen bestimmten sozialen Situation, in der wir uns befinden. So nennt es jedenfalls der Herr Luhmann. Termine und Deadlines sind nun mal typisch für Aufgaben, die mit oder für andere geleistet werden. Macht ja auch Sinn. Wer jetzt aber seine Zeit wieder zurück haben will, der riskiert sozialen Druck. Und dabei wollten Sie sich doch nur ein bisschen besser organisieren und Prioritäten setzen! Stattdessen erfahren Sie neuen Druck. Und dieser Druck verändert Ihre Wahrnehmung von der Wichtigkeit der Aufgaben.
Jetzt wollen Sie wissen, wie Sie aus dieser Nummer raus kommen? Hören Sie rein!
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